
Marius Danielo Militzers Interpretationen, sowohl vom klassisch-romantischen Standardrepertoire als auch von zeitgenössischen Werken des 20. Jahrhunderts als auch des Barock, und hier im Besonderen, von Werken von J.S. Bach, zeugen von einer starken Analyse- und Empfindungsfähigkeit, die Werkmanifestationen von äußerster Klarheit hervorbringen.
Beweis hierfür liefert seine jüngste Einspielung der Bach Sonate BWV 1003, die mit hoher Reflexions- und Überzeugungskraft die physische und metaphysische Dimension dieses musikalischen Meilensteines von Bach verbindet. Jede Phrase ist erfühlt und erfüllt, durchgestaltet im Sinne eines größeren organischen Ganzen. Historisch informierte Aufführungspraxis nach dem Ideal der barocken Klangrede klingt bei Militzer unmittelbar, klar und gegenwärtig.

Mit hoher und selbstzweckbefreiter Virtuosität, die die Musik zuweilen abheben lässt und vorübergehend von allen physischen Ballasten entledigt, sowie mit einer subtilen Agogik auf engstem Raum, die einer verblüffenden emotionalen Intelligenz folgt und mit einer äußersten Anteilnahme am gegenwärtigen Geschehen des musikalischen Verlaufes, gelingt es Militzer den Hörer soghaft durch Stadien der Selbstvergessenheit und Selbsterkenntnis zu führen.
Häufig gehörte Standardwerke der Gitarre werden in den Händen von Militzer erlöst von gitarristischen Manierismen, romantisierender Floskelhaftigkeit und vordergründiger Kulissenreißerei. Intensiv, mit hoher Sorgfalt und detailgenau ergründet Militzer die Inhalte der Werke; ihren historischen, lokalen und soziologischen Kontext und die Möglichkeiten authentischer und tiefgreifender Interpretationen.

Wie bei seiner kompositorischen Arbeit, kann Marius Militzer auch bei der Erarbeitung seiner Interpretationen rotierend auf praktische außermusikalische Erfahrung und Kenntnisse aus Bildender Kunst, Performance, Theater, Film etc. zurückgreifen.
Wie ein Regisseur an einem Theaterstück arbeitend, erforscht er die Dramaturgie der Werke, lässt die Themen und Motive wie von Schauspielern verkörperte Charaktere immer wieder variierend agieren, experimentiert wie ein Filmregisseur mit harten Schnitten, weichen Überblendungen und verblüffenden Lichteffekten, erforscht wie ein Maler die Wirkung von Proportionen, untersucht wie ein Architekt den Einfluss des Zusammenspiels von Fläche und Struktur, bis schließlich eine packende und künstlerisch herausfordernde Inszenierung seinen Weg auf die Bühne oder in das Tonstudio finden kann.
Standardwerke erklingen in den Interpretationen von Marius Danielo Militzer in einem neuen Licht, wie bisher ungewesen, neu erdacht und neu errungen. Klangsensible und abstrakte 12-tönige Werke der Moderne manifestieren sich schlüssig und mit einer unmittelbaren Präsenz, in der Expressivität und Innenschau ihrer Gegensätzlichkeit enthoben sind.
